Was ist Wandern?

 

Über das Wandern ist scheinbar schon alles gesagt worden. Wer der erste Wanderer war, warum man früher gewandert ist, warum man heute wandert, warum so viele Menschen Spaß dran haben, wie man zweckgebundenes Wandern vom anderen Wandern unterscheidet usw., usw. Das wollte ich nicht auch noch schreiben. Wenn also jemand etwas Wissenschaftliches über das Wandern wissen möchte, ist er hier falsch.

Also habe ich beschlossen über „mein Wandern“ zu schreiben. Meine „Wandererkarriere“ begann wie bei den meisten meines Alters. Bereits als Kind gingen wir mit den Eltern zum Wandern. Bei uns war es die Haardt. Im Naherholungsgebiet, nahe dem Ruhrgebiet, begann ich also in den 60er und 70er das Wandern. Naja, ich ging mit. Den größten Spaß hatten wir Kinder eigentlich nur, wenn man mal Steine ins Wasser schmeißen konnte. Da die Lippe oder irgendein Kanal immer in der Nähe waren, konnten viele Steine versenkt werden. Vielleicht gibt es deshalb die vielen Baggerschiffe in den Kanälen und im Rhein? Ich bin mir aber nicht sicher.

In den Ferien gings ins Allgäu, Wanderurlaub. Hier ging es auf den Grünten, den Mittag, die Hörnergruppe, das Nebelhorn und die Kanzelwand. Der eine oder andere Berg wurde auch mit einer Bergbahn bewandert. Noch heute genieße ich jede Fahrt mit einem Sessellift. Leider ist die Zeit der Einsitzer ziemlich vorbei. Es geht nichts über die Stille, die man in einem einsitzigen Sessellift erleben kann. Außer dem Geläut der Kuhglocken und dem gleichmäßigen Surren des Seils scheint es kein anderes Geräusch auf der Welt zu geben.

Dann gab es noch die Pfadfinder. Ich muss sagen, dass mich das wirklich geprägt hat fürs ganze Leben. Draußen sein, mit anderen etwas unternehmen, Gemeinsamkeit und natürlich Wandern.

In den 80er endete meine Wanderlust erst einmal. Andere Interessen traten in den Vordergrund.

Wirklich wiederentdeckt habe ich das Wandern und die Natur während meines Lebens im Sauerland. Mitten in der Natur zu wohnen war schon toll. Zum nächsten Haus waren es zu Fuß wohl nur 10 Minuten, aber für einen Ruhrgebietler war das schon eine Sensation. So habe ich mit 40 Jahren erstmalig kennengelernt, dass Nächte wirklich schwarz sein können und was „ich kann meine Hand nicht vor den Augen sehen“ wirklich bedeutet.

 

Nachdem ich mit dem Rauchen aufgehört und wie die Meisten immer dicker wurde fing ich an zu joggen. Da mir nun die Knie wehtaten suchte ich mir was Neues. Nordig Walking fand ich albern, also kam ich zum Wandern. Das wars! Das machte Spaß, die Knie taten nicht mehr weh und man konnte es mit anderen machen. Ich wanderte viel, allein, zu Zweit und mit Freunden. Der Wanderurlaub in Cornwall war wohl die Krönung der Wanderungen in dieser Zeit.

 

Dann gings nach Baden. Das Land rund um Bad Säckingen ist Wanderland. Besser geht’s wohl nicht mehr. Der Schwarzwald, das Jura, das Elsass, das Markgräfler Land, der Bodensee und der Hochrhein müssen „abgewandert“ werden. Nachdem wir einige Zeit zu Zweit gewandert sind, haben wir uns vor einigen Jahren dem Schwarzwaldverein angeschlossen. „Volltreffer!“ Nette Leute und neue Wege! Jeder der unzähligen Wanderführer denkt sich immer wieder neue Wandertouren aus und führt uns kreuz und quer durch das Land. Einmal im Jahr wird der Wanderplan erstellt, der im Folgejahr dann abgewandert wird. Für die „besonders Geselligen“ gibt es noch Veranstaltungen über das Jahr verteilt. Der Stammtisch gibt die Möglichkeit sich auszutauschen.

 

 

 

Mir ist egal, was die Wissenschaft über das Wandern sagt. Für mich ist es etwas, was mich mein gesamtes Leben begleitet. Für mich ist Wandern Anstrengung und Entspannung zugleich, für mich ist Wandern Stille und Geselligkeit zugleich und für mich ist Wandern Meditation pur.

 

In Kapitel 23 seines Bummel durch Europa erkennt Mark Twain den Sinn des Wanderns. Zitat: Nun liegt aber der wahre Zauber des Wanderns nicht im Laufen oder in der Landschaft, sondern im Reden. Das Laufen ist dazu da, für die Bewegungen der Zunge den Takt anzugeben, das Blut in Wallung und den Geist rege zu erhalten; die Landschaft und die Waldesdüfte sind dazu da, auf den Menschen einen unbewussten, unaufdringlichen Zauber auszuüben und ihren Balsam in Auge, Seele und Sinn zu träufeln; aber der größte Genuss kommt aus dem Gespräch. Es ist egal, ob man Weisheiten oder Unsinn daher redet, die Sache bleibt sich gleich; der Hauptgenuss liegt darin, den munteren Unterkiefer tanzen zu lassen und das teilnehmende Ohr zu spitzen.